Corona hat auch unsere Arbeitsweise verändert. Seit wir zurück aus Kolumbien sind, arbeiten wir zu grossen Teilen aus dem Homeoffice. Wobei „Home“ ja recht offen ist: Wichtig ist, dass man sich vom Büro und vielen Mitmenschen fernhält. Solange man das einhält, kann man eigentlich überall arbeiten, wo eine gute Internet-Verbindung und eine ruhige Umgebung zur Verfügung steht.
Meine Eltern haben eine Ferienwohnung im schönen Grindelwald. Und so haben wir beschlossen, unser Homeoffice für eine Woche ins Berner Oberland zu verschieben. Wir stehen zur gleichen Zeit auf wie immer und bestreiten unseren gewohnten Arbeitstag. Am Abend ziehen wir aber die Wanderschuhe an und erkunden die Umgebung. Es gibt viel zu sehen, und mit der frischen Bergluft kann man wunderbar den Kopf lüften.
Es gab nur zwei Herausforderungen zu meistern: Zum einen bringt das Bergwetter gegen Abend gerne mal ein kleines Gewitter. Zum anderen schliessen nahezu alle touristischen Bahnen gegen 17:00 Uhr. Was sich etwas mit unseren eigenen Arbeitszeiten beisst. Aber beides hat uns nicht davon abgehalten, einige schöne Ecken zu besichtigen!
Wandertipp Grindelwald: Panorama-Rundweg Pfingstegg – Milchbach – Oberer Gletscher
Der Montag war komplett verregnet und wir mussten zu Hause bleiben. Am Dienstag war der Himmel zwar immer noch wolkenverhangen, aber alles war trocken. Und so machten wir uns auf zur Pfingstegg, einem Berghaus mit wunderbarer Aussicht über ganz Grindelwald. Von zu Hause ging es aber zuerst mal bergab bis zur Lütschine, und von dort dann steil hoch. Spätestens bei diesem Aufstieg waren wir froh, dass uns nicht die Sonne auf den Kopf brannte. Oben angekommen, genossen wir die Ruhe, denn wir waren vollkommen alleine. Normalerweise bringt die Bergbahn zahlreiche Touristen hoch, welche sich dann im Restaurant verköstigen und die Rodelbahn benutzen. Und so konnten wir ungestört die Aussicht geniessen und zahlreiche Photos machen.
Eine aufziehende Regenfront liess uns dann aber bald aufbrechen. Weiter ging es auf dem Höhenweg am Fusse des Mättenberg in Richtung oberer Gletscher. Dieser Weg ist sehr angenehm zu laufen und bietet viel Abwechslung: Am Anfang läuft man über saftige Alpwiesen mit weidenden Kühen, anschliessend folgt sogar ein kurzer Tunnel, um dann durch steile Feldswände in den Wald zum Milchbach zu führen. Dort haben wir im Schutze der Bäume die Regenfront vorbeiziehen lassen und unser Nachtessen in Form von feinen Sandwiches verzerrt.
Via Gletschersand ging es dann zurück nach Hause. Trotz des Regens war es ein sehr schöner Abendspaziergang.
Abendspaziergang in Grindelwald: Nachtessen am Bergbach und Dessert im Berghaus Bort
Am Mittwoch zeigt sich das Wetter endlich von seiner schönen Seite. Heute durfte es eine etwas kürzere Wanderung sein. Deshalb entschlossen wir uns nach Bort zu laufen, was fast vor unserer Haustüre liegt. Der Aufstieg hat es aber in sich. Während der Verschnaufpausen konnten wir immerhin den Ausblick auf das Wetterhorn und den Eiger geniessen.
Etwas hinter der Bahnstation First liegt ein überaus lauschiger Bergbach mit einer schönen Grillstelle. Hier setzen wir uns auf eine Bänkli, lauschten dem Rauschen des Wassers und genossen unsere Sandwiches. Ja, schon wieder Sandwiches. Aber was gibt es schöneres, als nach einer Wanderung sich an einem schönen Flecken hinzusetzen und etwas Feines aus dem Rucksack zu nehmen?
Trotzdem wollten wir dem Berghaus Bort noch einen Besuch abstatten, den es gelüstete uns nach etwas Süssem. Als wir eintraten, wurden wir erstaunt gefragt, von wo wir den kommen. Offenbar kommt es eher selten vor, dass um diese Zeit noch Wanderer eintreffen. Die warme Küche war schon geschlossen (zum Glück, denn wir hatten auch keinen Hunger mehr), für ein Dessert reichte es aber noch. Die Karte ist klein, aber kreativ und wir entschieden uns für das Schokoladen Ganache mit hausgemachter Sauerrahmglace sowie dem Appenzeller Biberliparfait. Beides hat hervorragend geschmeckt und macht Lust auch mal den warmen Teil der Karte auszuprobieren.
Die Sonne war schon einen Moment untergegangen als wir uns in der Dämmerung auf den Heimweg machten. Bergab geht es zum Glück deutlich leichtfüssiger, was vielleicht auch dem Appenzeller Alpenbitter über dem Biberliparfait geschuldet war…
Tipp fürs Abendessen in Grindelwald: Restaurant Glacier
Nach zweimal Wandern durfte es mal einen entspannteren Abend geben. Zuerst genossen wir das schöne Outdoor-Schwimmbad in Grindelwald. Und dann haben wir einen Tisch im von uns sehr geschätzten Restaurant Glacier reserviert. Das Restaurant mit zugehörigem Hotel wurde vor ein paar Jahren frisch renoviert und erstellt jetzt in neuem Glanz. Es ist modern möbliert, hat aber seinen Chalet-Stil trotzdem behalten und ist dadurch äusserst gemütlich. Wegen des schönen Wetters erhielten wir einen Platz auf der Terrasse. Übrigens sind die Covid-19-Schutzmassnahmen vorbildlich: Die Tische haben ausreichend Abstand, im Innenbereich wurden Plexiglas-Abtrenner installiert und das Personal trägt Masken. Hier kann man also auch in den aktuell unsicheren Zeiten ohne Sorgen auswärts essen gehen.
Und ums Essen geht es ja hier. Das erste Highlight wird einem gleich zum Apero als kleiner Geschmacksanreger gereicht: hausgemachtes, noch etwas warmes Sauerteigbrot mit einer leichten Knoblauchsauce sowie Olivenöl. Wir beide lieben gutes Brot! Am liebsten hätten wir die Speisekarte zurückgegeben und dafür noch ein paar Runden von diesem Amuse-Bouche bestellt.
Zum Glück ging es bei der Vorspeise mit Brot weiter. Dieses mal in Form eines luftigen, leicht getoasteten Focaccia. Dazu gab es ein Hummus mit Tahini und konfierter Knoblauch. Herrlich. Wir fühlten uns gerade etwas in den Oman zurückversetzt.
Zum Hauptgang hat Andrea ein Rinds-Tartar bestellt. An sich nicht spezielles, hier wurde es aber eher grob gehackt, an einer würzigen Whiskysauce und schön dekoriert serviert. Die Sauce brachte einen leicht rauchigen Geschmack ins rohe Fleisch. Wirklich mal etwas anderes und sehr lecker.
Ich bekam Schweinebauch mit sehr knuspriger Haut, dazu verschiedenes Gemüse und Kartoffelstock. Das Fleisch war sehr fein, die Beilagen aber hervorragend. Es freut mich immer, wenn Gemüse nicht nur notwendiges Beiwerk sind, sondern selbst begeistern kann. Und dann erst der Kartoffelstock! Etwas gröber als normale und wunderbar gewürzt. Hätten wir nicht schon ein Laib Brot gegessen hätte ich hier gleich nochmals etwas Stock nachbestellt.
Das Glacier ist der absolute Place-to-be, wenn es um gutes Essen in Grindelwald geht. Wir kommen wieder!
Topp-Ausflug von Grindelwald: das Jungfraujoch
Nach Corona wird vermutlich wirklich jede Schweizerin und jeder Schweizer auf dem Jungfraujoch gewesen sein. Zum einen ist es eine der absolut bekanntesten Sehenswürdigkeiten in unserem schönen Land. Und zum anderen kann man es dank Coop aktuell zum Spezialpreis besuchen. Und da wollen wir natürlich auch nicht fehlen.
Am Freitag haben wir bis am Mittag gearbeitet und uns dann auf den Weg gemacht. Am Vortag haben wir uns zum Glück Sitzplätze im Zug reserviert, den mit dem aktuellen Besucheransturm ist nichts mit spontan. Warum die Jungfraubahnen für die de facto zwingende Sitzplatzreservation nochmal 10.– auf den eh schon stolzen Preis aufrufen, ist mir dagegen schleierhaft.
Eigentlich wollte ich hier ja die kurze Wanderung vom Jungfraujoch zur Mönchsjochhütte als Geheimtipp verkaufen. Denn normalerweise laufen die meist asiatischen Touristen nur ein paar Meter über den Gletscher bis zum Snow-Fun-Park. Danach ist man auf dem Weg zur Hütte fast alleine und kann die Bergwelt so richtig geniessen. Nicht aber in diesen Zeiten! Die einheimischen Besucher kennen die Mönchsjochhütte natürlich, und so gab es eine richtige Völkerwanderung dorthin. Also nichts mit Geheimtipp. Da wir erst später angereist sind, waren die meisten Leute aber schon auf dem Rückweg. Das Wetter war perfekt und wir konnten im T-Shirt die gute Stunde zurücklegen. In der Hütte war dann auch der grösste Ansturm vorbei, leider aber auch die Küche schon geschlossen. Immerhin gab es noch zwei Nussgipfel für uns.
Zurück beim Jungfraujoch dürfte natürlich ein Besuch auf der Sphinx nicht fehlen. Ich war wahrlich schon oft oben, und immer wieder begeistert mich die Aussicht aufs neue. Der Gletscher ist einfach beeindrucken und der Blick bis in den Jura grandios. Auch konnte ich meinen Geocache mit zwei neuen Logbüchern vorsorgen. Dieser wird aktuell bedeutend öfter gefunden als sonst. Bei unseren Freunden aus dem Osten scheint Geocaching also Hobby nicht so verbreitet zu sein.
Für die Eisgrotte reicht es zeitlich leider nicht mehr. Auch der Lindt-Shop war schon geschlossen. Trotzdem haben wir aus unserem Aufenthalt das Maximum rausgeholt und den letzten Zug zurück ins Tal genommen. Dieser war übrigens gut besetzt, aber nicht übervoll und mit Maske auch hygienisch kein Problem.
Homeworking auswärts: Hat’s funktioniert?
Ja, sogar sehr gut! Wir können mit reinem Gewissen sagen, dass wir sicher gleich produktiv waren wie zu Hause. Vielleicht sogar noch etwas mehr, denn die neue Umgebung gibt einem auch frische Gedanken. Und am Abend nach der Arbeit in anderer Umgebung eine kurze Wanderung zu machen war wirklich super. Trotz der Arbeit fühlte es sich etwas wie Ferien an. Wir werden auf jeden Fall versuchen das öfter zu machen. Und warum nicht mal für eine Woche nach London in einen Co-Working-Space? Was man auf jeden Fall braucht, ist ein ruhiger Platz zum Arbeiten und eine gute Internetverbindung. Aber das sollte sich eigentlich überall organisieren lassen.