Wir haben das Auto vollgepackt und sind los. Zum allerersten Mal zu Dritt. Die Kriterien? Ein schönes Air B’n’B mit Pool – so im Fall wenns zu viel wird für den Sohn-nenschein, kleine Dörfer und viel Genuss. Unser Motto lautet “Ferien für alle”. Und so sind wir im “höheren Süden” von Frankreich gelandet. Immer auf der Suche nach Lavendel, Oliven, abseits von Menschenmassen, hübschen Dörfern und gutem Essen. Tatsächlich sind wir fündig geworden und nehmen euch gerne mit:
Grignan und Region Drôme: Lavendel-Felder, Nougat und viele Oliven
Grignan: Das Lavendel-Dorf und eine Genussreise
Unser erstes Ziel ist Grignan. Grignan wurde 2019 auf die Liste der schönsten Dörfer Frankreichs aufgenommen, was wir dank der Überschrift unter dem Ortsschild “Les plus beaux villages de France” in Erfahrung bringen dürfen.
Eigentlich sind wir hier gelandet, weil die Ortschaft respektive ihre Umgebung berühmt für den Lavendel ist. Und die Felder sind überall. Rundherum und in voller Pracht. Für gewöhnlich blüht der Lavendel in Grignan als erstes, während in der Hochparterre der Provence, die höher gelegen ist, der Lavendel rund 2-4 Wochen später blüht.
Das Dorf ist wahrlich hübsch. Enge, schmucke Gässchen, schön inszeniert, mit herzigen Cafés und Restaurants und einem Schloss – ganz zuoberst – aus der Renaissance. Quasi das i-Tüpfchen auf der Torte.
Stefan’s Eltern sind nur wenige Tage vor uns dort gewesen und haben uns das Café des Vignerons empfohlen. Es bietet warme und kalte französische Tapas an und ein Demi-Pêche; die französische Variante des Panaches oder des Radlers – nur eben gespickt mit Pfirsichsirup. Surtout la vie est belle en France.
Und Grignan bietet noch viel mehr: wunderbare Hofläden, mit lokalen Weinen, Lavendel-Confiture, Olivenöl und weiteren lokalen Spezialitäten.
Montélimar: Die Hochburg des Nougats
Wir haben in diesen Tagen viel mehr gemacht, als wir es je erwartet hätten. Roan* hat super mitgemacht und angepasst an seinen Rhythmus sind wir morgens und abends auf Entdeckungsreise, während wir tagsüber inmitten der heissen Sommersonne entweder einen Mittagsschlaf gemacht haben oder in den Pool gesprungen sind. So haben wir uns entschieden Montélimar einen Besuch abzustatten und die Hochburg des Nougats zu besuchen.
Wir haben einen kleinen Einblick in die Fabrik bekommen. Die Maschinen sind guferalt, aber dies scheint der Qualität vom Nougat keinen Abbruch zu tun. Insbesondere der weiche Nougat schliessen wir schnell in unser Herz und so landen neben ein paar Mitbringsel, noch ein ganzes Kilo “kaputtes” Nougat in unserer Tasche.
Da gäbe es zudem noch das hübsche Schloss – dem Wahrzeichen von Montélimar. Dies belassen wir aber, respektive kehren wir nach dem Abendessen zurück in unsere Unterkunft. Alles haben wir eingepackt. Alles. Nur der Schoppen für den Sohn-nenschein blieb zurück. Wir üben noch “das mit dem Elternsein”.
Nyons: Schmucke Kleinstadt mit kostenloser Abkühlung
Neuer Tag – neue Kleinstadt. Ungefähr eine halbe Stunde entfernt liegt das hübsche Nyons. Hier mit “s” – sonst handelt es sich um das schweizerische Nyon, das ein wenig näher zu uns liegen würde.
Nyons hat eine hübsche Altstadt und eine wirklich bemerkenswerte Brücke “Pont du Roman”. Die Brücke vermag mich gleich dreifach zu begeistern. Sie garantiert hübsche Ausblicke, sieht hübsch aus und erinnert mich an meinen wundervollen Grosspapa Roman – der quasi nur humorvolle Geschichten zu erzählen hatte.
Auf der Brücke stehend, sehen wir zahlreiche Menschen im Fluss “Eygues” baden. Quasi wie die Aare – nur einiges ruhiger. Ich glaube, ohne unser kleines Bündel und mit entsprechender Bademontur, wären wir auch hineingehüpft.
Übrigens gibt es entlang der “Eygues” einen Aromagarten. Hier gibt es zahlreiche Gewürz- und Aromapflanzen aus dem Mittelmeerraum zu sichten.
Rund um Nyons gibt es ebenfalls zahlreiche Hofläden. Dieses Mal voll bestückt mit selbstgemachtem Olivenöl und weiteren Oliven-Produkte. Auch hier greifen wir wieder zu.
Auf der Heimfahrt entdecken wir das hübsche Rousset-les-Vignes per Zufall. Wir sind überzeugt, dass dies locker auch zu den hübschesten Dörfer zählen dürfte, nur wirkt es hier total still. Als ob der Bär in einer früheren Zeit hier einmal so richtig gesteppt hätte. Nun wirkt alles sehr verlassen und der einzige Laut, den man hier vernehmen kann, sind ein paar durchfahrende Touristenautos und unsere Drohne. Schade.
Kurz vor unserem Air B’n’B kehren wir noch in eine naheliegende Farm “Ferme Rambaud” ein. Hier wird frisches Gemüse verkauft, hauseigenen Wein und verschiedene Produkte rund um den Lavendel wie Konfitüre, Honig und Öl.
Séguret: eines der hübschesten Dörfer von Frankreich
Séguret ist einer der Orte, von dem ich erstmals von “die schönsten Dörfer von Frankreich” gehört habe.
Wir sind früh unterwegs und so sind wir vor sämtlichen Touristenströmen dort. Die Parkplätze zeigen, dass es hier am Nachmittag wohl wild zu und hergehen wird. Schon beim Eingang des Dorfes sieht man das erste Künstleratelier. Laut Wikipedia hat es hier zahlreiche davon. Da wir aber dermassen früh dran sind, sind noch alle geschlossen. Und so erkunden wir die schönen Gässchen, entdecken den Brunnen und die berühmte Maske und laufen bis zuoberst hin, wo uns eine schöne Aussicht erwartet. Hier geniessen wir unser Frühstück, welches uns schon in Französisch Polynesien, das eine und andere Mal erwartet hat. Nur der feine Fruchtsaft – der fehlt. Man kann gut und gerne sagen, dass sich die Ortschaft wohl in 20-30 Minuten erkunden lässt. Vor allem, wenn eben noch alles geschlossen ist.
Wir fahren später noch ein wenig in der Gegend umher, um die Aussicht aufs Dörfchen zu bekommen.
Weingüter in der Provence: Domaine des Escaravailles
Auch hier nutzen wir den Rückweg wieder und kehren auf einem Weingut ein. Wir sind nicht die einzigen, denn vor und hinter uns sind einige Autos. Aber das spricht sicherlich für den Wein. Hier wird mein Gaumen verköstigt und ich geniesse es gleich doppelt, da das der erste Wein seit sehr langer Zeit ist. Man darf nahezu alle Weine grosszügig kosten und das Storytelling dazu ist hervorragend. So kommen 3 Flaschen mit in unser Gepäck. Zwei fürs Apéro und ein etwas schwererer fürs Abendessen.
Die Prioratskirche Notre-Dame la Brune
Nach der Poolzeit und vor dem Abendessen sind wir noch in Stimmung für einen kleinen Spaziergang. Uns zieht es zu den Ruinen von Notre-Dame la Brune (Aleyrac). Die ehemalige Prioratskirche ist mit einem kleinen Spaziergang erreichbar und gilt heute als denkmalgeschützt.
Region Provence-Alpes-Côte d’Azur: Mehr Lavendel und mehr hübsche Dörfer
Nach ein paar Tagen zieht es uns weiter in die nächste Ausgangsortschaft. Wir landen in Goult. Wir nutzen den Weg aber wieder, um einen Zwischenhalt einzuplanen:
Markt in der Provence: Isle-sur-la-Sorgue
Der Zufall will es und wir fahren an einem Donnerstag weiter. Unterwegs planen wir den Halt Isle-sur-la-Sorgue ein. Wir treffen es just, denn hier ist jeden Donnerstag und jeden Sonntag ein weitläufiger Markt zu finden. Und wir sind begeistert. Neben Käse, Oliven, Trüffel, Salami und weiteren Lebensmitteln finden wir hier auch hübsche Leinenkleider, handgemachte Kinderkleidung und eine stattliche Hutauswahl. Der Markt wirkt hochwertig und die Gässchen sind schön anzusehen. Dazwischen wird überall das eine und andere Apéro genossen. Menschen sitzen auf den Fensterrahmen und trinken Wein und geniessen das süsse Nichtstun.
Wir essen im Restaurant Le Bouchon. Die Google Bewertung verspricht nicht so viel – für uns war es sehr gut. Draussen sorgen Wasserspeier dafür, dass es etwas kühler ist. Und abends bieten die hier sogar unseren geliebte Nudeln im Parmesanlaib an – gespickt mit Trüffeln.
Goult: Steinhäuser en masse
Auch in Goult haben wir wieder eine schöne Unterkunft gefunden, auch wenn nicht ganz so geräumig wie in der Nähe von Grignan. Diese Ausgangsortschaft bietet wieder Nähe zu vielen tollen “die schönsten Dörfer von..”.
Goult selber ist fast noch schneller besucht als all die anderen Dörfer. Hübsch und zuoberst des Städtchens bietet sich auch hier eine flotte Übersicht. Neben der Kirche gibt es wieder ein fantastisch grosses Lavendelfeld. Mehr gibt es aber zum Örtchen auch nicht zu sagen schreiben.
Mines Bruoux: Rote Erde umgeben von zahlreichen Bäumen
Eher zufällig entdecke ich die Minen von Bruoux in unserer Nähe. Hierbei handelt es sich um einen unterirdischen Komplex aus Tunneln und Stollen in einer Ockergrube. Diese stechen mit ihren rötlichen Steinen inmitten der grünen Parkanlage regelrecht heraus. Wir verzichten allerdings auf die Führung, weil wir noch ein paar andere Punkte sichten wollen.
Dafür nehmen wir uns ausführlich Zeit, mit der Drohne das Gebiet zu erforschen und wir sehen, dass es von dieser Felsanlage noch reichlich mehr gibt.
Sault: Umgeben von Weizen-, Dinkel- und Lavendelfelder
Sault zeigt sich an jenem Morgen für uns nicht von der besten Seite. Der Himmel weint nicht – er schreit. Zu Beginn können wir noch im Nieselregen das Städtchen besuchen, aber später verziehen wir uns in ein eher ungemütliches Restaurant und spielen eine Uno-Runde nach der anderen. Auch ohne Regen wäre es wohl nicht die hübscheste aller bisher besuchten Örtchen. Vermutlich wäre der Lavendellehrpfad ein Besuch wert gewesen, aber mit dieser Wassermenge wollen wir nicht weiter zu Fuss voranschreiten.
Den Besuch des Lavendelshops “La Loubatiere” lassen wir uns allerdings nicht entgehen:
Lavendel: Lavandin, Grosso und weitere Begriffe
Wir lernen so einiges über den Lavendel. In der Provence findet man sowohl den echten Lavendel (Lavendula angustifolia oder feiner Lavendel) wie auch den Speiklavendel (Lavendula Latifolia). Ausserdem gibt es noch weitere Varianten. Hier eine Auflistung:
Der echte Lavendel
Der echte Lavendel ist schmallblättrig und gilt logischerweise als der wertvollste – respektive als wertvollstes Lavendelöl -, ist aber nicht ganz so ertragsreich und kann jeweils erst nach zwei bis vier Jahren geerntet werden.
Er wirkt antispastisch, beruhigend und schmerzstillend.
Speiklavendel
Der Speiklavendel ist breitblättrig und “in grossem Wurf zu finden”. Heutzutage sind rund 80% des “richtigen Lavendels” aus Speiklavendel. Dieser wirkt antibakteriell, antiviral, pilztötend und schmerzlindernd bei Insektenstichen.
Lavandin
Lavandin ist eine Mischung aus dem echten und Speiklavendel. Auch hier gibt es verschiedene Sorten davon:
Hybridlavendel auch Lavandin genannt
Der Hybridlavendel hat im Gegensatz zu den anderen Lavendel nur eine geringfügige Heilkraft. Er wird vorwiegend in der Kosmetik- und Parfümindustrie genutzt und wird für die Heilung von Narben genutzt.
Lavandin Abrial
Der Lavandin Abrial entstammt ebenfalls aus dem echten und dem Speiklavendel. Allerdings wirkt dieser hier nur ätherisch gewonnen – daher die spezielle Bezeichnung. Dieser wirkt besänftigend für Geist und Seele.
Lavandin Grosso
Ebenfalls eine Sorte des Hybridlavendel. Dieser riecht am intensivsten und wird daher häufig für ätherische Öle genutzt, allen voran im Duftbereich.
Natürlich gibt es noch zahlreiche weitere Lavendel- und Lavandinsorten. Damit ist aber eine Vielzahl des Lavendels in der Provence abgedeckt.
Roussillon: Alte rote Kulturlandschaft
Roussillon hat es uns besonders angetan. Wie schon bei den Mienen ziert auch hier die rote Erde und das Dschungelgrün rund um das Örtchen. Zahlreiche hübsche Gässchen, noch hübschere Läden und eine tolle Aussicht lassen uns die Zeit vertreiben. Das eine und andere Souvenir – wie beispielsweise ein Olivenbäumchen landen in unserer Tasche.
Wir zählen Roussillon zu einen unserer Favoriten.
Gordes: Das grüne Dorf am Hang
Ein weiterer Favorit? Gordes. Gordes bietet die vielleicht schönsten Restaurants mit den tollsten Ausblicken an. Das Dorf (ein Dorf?) wird häufig als malerisch, traumhaft und weiteren vorzüglichen Adjektiven beschmückt. Allesamt zurecht.
Wir geniessen das Abendessen in dem schönen Seitengässchen im La Trinquette.
Aber lassen wir hier die Bilder walten.
Sisteron: Das Tor zur Provence
Nun heisst es heimgehen. Ebenmal ein paar Stunden Autofahrt zu absolvieren, ohne geräumige Pause, gehören vorübergehend der Vergangenheit an. Und so planen wir einen Stopp beim Tor zur Provence ein. An Sisteron bietet einen schönen Blick auf den Rocher de la Baume. Zeitgleich findet noch ein Markt statt und wir geniessen ein paar Köstlichkeiten, bevor es dann für uns definitiv nach Hause geht.
Unsere ersten Ferien zu Dritt sind ein voller Erfolg geworden. Wir sind alle auf unsere Kosten gekommen und haben uns gleichzeitig als Familie besser kennengelernt. Der Mix zwischen Erleben, Entdecken, Plantschen und Mittagsschläfchen hat für uns alle gepasst. Das gibt uns – ja ich glaube, das ist das richtige Wort – Mut für weitere Abenteuer. Die Provence ist wunderschön und neben der Genussreise ins Piemont eine tolle Abwechslung. Vermutlich ist das nicht das letzte Mal – zumal es noch einige schöne Dörfer in Frankreich hat 😉.
*Hier nennen wir unseren Sohn-nenschein Roan. Es handelt sich dabei um eine Abwandlung seines Zweitnamens. Er selbst soll eines Tages entscheiden, was mit seinem Namen im grossen WWW steht.
Tommi
März 5, 2024 at 2:28 pmEin wirklich schöner Bericht. Hört sich an als konntet ihr euch gut erholen und abschalten, auch mit Kleinkind. Das Foto von den Minen von Bruoux könnte auch aus einem Nationalpark in Amerika stammen. 🙂 Auf jeden fall eine schöne Inspiration für meine nächste reise mit der Kleinfamilie. Danke!
Andrea
März 9, 2024 at 11:17 amVielen Dank. Definitiv – herrlich überraschend und vielleicht deshalb sogar waren es so wunderbare Ferien.
Definitiv. Damit rechnet man irgendwie inmitten von Frankreich so überhaut nicht damit.
Wünsche Euch viel Spass. Und falls wieder jemand mal fragt, was das Kleinkind davon hat: Glückliche Eltern – Glückliches Kind. 🙂