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Wundertüte: Die ungewöhnliche Reise nach Eilat und nach Jersualem

Wundertüte: Die ungewöhnliche Reise nach Eilat und nach Jersualem

Asien, Leben leben, Reisen

Nach der aufregenden Reise nach Bethlehem ging es sogleich weiter. Unser Plan war es, nach Eilat zu kommen – natürlich wieder mit dem öffentlichen Bus, denn Auto mieten ist in Israel / Palästina kein leichtes Unterfangen. Entweder darf man mit dem israelischen Auto nicht durch Palästina oder umgekehrt. Und weiter unten im Süden, ist das dann gar nicht mehr so einfach zu erkennen. Schilder mit „Achtung Todesgefahr“ sind nur bedingt eine Hilfe…

Unsere Bus-Fahrt nach Eilat mit Hindernissen

„No more seats available“ entgegnet uns die dumpfe Lautsprecherstimme, als wir am Busbahnhof in Jerusalem versuchen, noch Tickets nach Eilat zu ergattern. Dabei haben wir erst gestern in Bethlehem entschieden, in die verlorene Wüstenstadt Petra in Jordanien zu reisen. Vielleicht eher keine gute Idee, wie wir nun feststellen. Über die Feiertage, ausgerechnet auch noch Weihnachten und Neujahr in Israel unterwegs zu sein, mit nur einer Busgesellschaft im Land, die keine ebenmächtige Konkurrenz hat…da erklärt sich schnell, in was für einem Dilemma wir uns befinden. Dennoch. Das Ziel ist in Stein gemeisselt, wir wollen nach Petra! Und so sammeln wir andere gestrandete, ticketlose Backpacker zusammen, um auf eigene Faust weiterzukommen. Schlussendlich können wir gemeinsam einen Fahrer der gelb-blauen Taxis überreden, uns ans Rote Meer zu fahren. Die Stimmung im Kleinbus ist heiter. Es wird ausgetauscht, diskutiert, erzählt.  Unter anderem befanden sich Italiener, Israeli, Deutsche und wir uns an Bord. Eine ausgelassene Taxifahrt. Bis wir nach kurzer Fahrzeit in einem langen Autostau auf einmal stehen bleiben. Es stellte sich bald mal heraus, dass vor uns ein Unfall geschehen ist. Nach rund 20 Minuten wurde unser Taxi-Chauffeur zum ersten Mal nervös. Dann steigt der Taxifahrer aus seinem Wagen und diskutiert draussen mit anderen Automobilisten. Wir warten gespannt auf Neuigkeiten. Als der Fahrer dann zurückkommt meint er, dort vorne hätte es einen Unfall gegeben – sehe ziemlich übel aus. Ein Reisebus sei verunfallt. Wir entgegen betroffen, dass wir warten wollen, denn wir wollen schliesslich nach Eilat. Wir befinden uns in einer trockenen Steinwüstenlandschaft zwischen Jerusalem und dem toten Meer. Weit und breit kein Haus, kein Dorf in Sicht. Unser Fahrer wird mit jeder Minute nervöser. Nun steigen auch wir aus und diskutieren draussen. Die Vereinbarung mit dem Fahrer war, dass er uns nach Eilat bringt und nun will er zurück nach Jerusalem, weil dort Arbeit wartet, wie er meint. Die eisblauen Augen in seinem sonnengebräunten Antlitz fordern uns immer wieder auf, ins Taxi zu steigen, da er nun umkehren will. Der Israeli sagt ihm, wenn er einfach mit uns davonfährt, käme das einer Entführung nahe. Und ja, mit der israelischen Polizei ist nicht zu spassen.  Aber auch wir untereinander sind uns nicht einig.
Nachdem immer hitziger diskutiert wird und wir entscheiden, vor Ort zu bleiben, steigt er unwillkürlich ins grosse gelb-blaue Taxi und braust davon.

Landschaft und Verkehrsschild

Andrea alleine mit Fremden in der israelischen Wüste

Plötzlich ruft Vera „Mist mein kleiner Rucksack“. Sie reagiert in Windeseile. Auf der Gegenfahrbahn kamen uns diverse Autos entgegen. Diese Fahrspur wurde mittlerweile freigegeben. Sie stellte sich kampfmutig vor ein Auto. „Hilfe – Der Taxifahrer hat mein Gepäck gestohlen.“ Im Auto befand sich eine jüdische Familie mit drei Kindern. „Follow the taxi – Folgen Sie dem Taxi“. Andrea wir treffen uns irgendwie in Eilat, ok?“. „Öööhm okay“. Und so fuhr Vera mit dieser jüdischen Familie davon.
Und weg war sie. Ich packte innerlich sämtliches Fluchrepartoir aus. Mist. Was tu ich hier? Wie komm ich hier bloss weg? Ich suchte die anderen auf. Wir waren allesamt gleich ratlos. Die einzige Hoffnung waren die zahlreichen Menschen, die sich irgendwo draussen befanden, weil das ganze einfach wirklich lange dauerte. Mindestens 3 Stunden verharrten wir hier noch aus. Autostopp wäre möglich. Wobei die Aussicht irgendwo alleine in ein fremdes Auto zu steigen, mir doch alles andere als vertrauenswürdig erschien. Und leider wollten wir übriggebliebenen nun wirklich nicht alle ans gleiche Ort. Weiter vorne, sichtete ich den Bus, den Vera und mich nicht mitnehmen wollte. Oh Gott bitte nimm mich mit. Ich erklärte dem Buschauffeur, dass ich hier gestrandet bin und der Taxifahrer uns – bzw. mich hier in der gottverlassenen Gegend zurückgelassen hat. Sein Herz war kalt wie Stein und er ignorierte mich völlig. Ich rannte zum israelischen Taxi-Kompagnon. „Heeei kannst du ihm bitte die Situation auf Hebräisch erklären“? Nach einer geschlagenen Ewigkeit und einer hitzigen Diskussion zwischen den beiden, stimmte der Busfahrer endlich zu. Der Bus wäre komplett voll und ich müsste auf dem Boden sitzen. Ja kein Problem. Hauptsache nicht hier sitzen bleiben. Natürlich musste ich den vollen Preis der Busfahrt bezahlen – also sprich Jerusalem-Eilat und natürlich bekam ich kein Ticket dafür. Korrupter Volltrottel. Aber für einmal konnte ich die Klappe halten. Nach über 3 Stunden wurde die Strasse endlich freigegeben. Ich telefonierte zwischenzeitlich mit Vera. Sie war immer noch auf dem Weg. Sie konnte zu Beginn das Taxi noch sichten, aber dieser fuhr extrem schnell und irgendwann verloren sie das Taxi aus den Augen.
Ich schlief und redete mit den einen oder anderen Mitreisenden. Schlussendlich war ich aber extrem froh, gegen halb 9 Uhr abends in Eilat anzukommen. Das war ein – sorry –  verdammt langer Tag. Das Hostel gab mir noch den Rest. Ein sehr religiöses jüdisches Hostel, dass aber alle Religionen empfängt. Wie bitte sind wir an dieses rangekommen? Jedenfalls bekam ich zur Begrüssung eine Bibel und wurde eingeladen mitzubeten – auf „meine Weise“. Ich verzog mich in unser 6 Bett-Zimmer. Für heute hatte ich genug von Menschen und wartete gespannt auf Vera.

Vera und ihre Reise nach Jerusalem, die kein Spiel mehr war

Als der Kleinbus sich schon in den zweiten Gang jauchzt, durchfährt ein Schock meinen Körper! Reflexartig ergreife ich meine Kameratasche, die alleine über meiner Schulter hängt, stelle aber entsetzt fest: MEIN RUCKSACK! Mein Rucksack ist noch im Taxi! Andrea sieht mich mit ihren nun noch grösseren mandelbraunen Augen an! Oh nein!! Aus meiner schnellen Reaktion heraus ziehe ich das Fazit: Ich muss dem Taxi hinterher, sonst sehe ich diesen Rucksack nie wieder! Ich stottere Andrea Wortfetzen entgegen, dass ich heute wohl irgendwie noch nach Eilat komme, jedoch zuerst meinen Rucksack «retten» muss. Denn inzwischen ist mir eingefallen, dass sich darin noch mein wertvolles Kamera Objektiv befindet! Pass, Geld und Kamera sind glücklicherweise in meiner Canon Tasche. Aber alles andere ist weg!

Immer noch im Schock, breite ich meine Arme neben den vorbeifahrenden Autos aus, als kurz darauf ein Kia Familienvan anhält. Die Mutter auf dem Beifahrersitz spiegelt mein entsetztes Gesicht und bittet mich auf Englisch, ihr ruhig zu erklären, was passiert ist. Ich bitte sie besorgt um Hilfe und erkläre mit wenigen Worten, in was für einer Notlage ich mich befinde. Überaus hilfsbereit, nicken ihr Ehemann und sie mir zu und bitten ihre 4 Kinder auf dem Hintersitz, noch näher zusammen zu rücken. Ich springe gedrängt von der Zeit neben die Kids auf die Rückbank und der jüdische Papa gibt Gas, als ob er nun den Auftrag hätte, in einem Polizeiwagen einen Verkehrssünder zu verfolgen. Bei bereits 100 km/h und den ängstlichen Kindergesichtern, realisiere ich erst, was hier gerade geschieht. Diese Familie ist auf ihrem Ausflug wahrscheinlich ebenfalls vom Unfall aufgehalten worden. Mit wenigen Englischausdrücken, aber warmherzigem Gedanken, erklärt mir die Mutter, dass ich den Rucksack ganz bestimmt wiederfinde. Es sei sehr selten, dass in Israel gestohlen werde. Die Leute seien sehr hilfsbereit, was ich ihnen nach ihrer Aktion sofort abkaufe. Zunehmend werde ich etwas ruhiger und erkundige mich nach den Namen der Kinder, die zwischen 3 und 12 Jahre alt sind und mich immer noch stillschweigend mit grossen Augen anstarren.
Die Mutter, eine unglaublich liebenswerte Frau, erklärt ihren Sprünglingen auf Hebräisch was passiert ist. Während der Familienvater seinen Kia weiterhin durch die Wüste jagt, lerne ich die grosse Familie besser kennen und bin immer noch überwältigt, dass sie angehalten haben und mir so gutmütig ihre Hilfe angeboten haben. Als wir nach etwa 20 min das Taxi an einer roten Ampel aus den Augen verlieren, ist es mir gar schon fast nicht mehr so ernst mit dem Rucksack. Die Freundschaft und die Menschlichkeit, die mir diese Familie entgegenbringt, übersteigen den Wert meiner Habseligkeiten. Die eifrige Mutter hat inzwischen den Taxifahrer über Telefonanrufe in der Zentrale ausfindig machen können. In Jerusalem angekommen, nehme ich den Rucksack vom Taxifahrer entgegen.

Mit einem vertrauensvollen Blick und einem Nicken lässt er mich verstehen: «Es tut mir leid, das wollte ich nicht!»

Immer noch gebannt von der Hilfsbereitschaft und dem Vertrauen dieser Menschen, nehme ich Abschied von der Familie und mache mich auf den Weg – dieses Mal mit dem Bus –  nach Eilat.
Und gegen 11 Uhr abends waren wir dann wieder vereint. Was für ein Abenteuer dieses Israel.
Danke Vera für deine Worte 💛. Der ausführliche Beitrag zu Israel findet ihr drüben bei Princess.ch.

Steinwüste zwischen Jerusalem und Eilat

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