Meine Eurasia-Reise hat mich mit dem Zug bis jetzt weit gebracht: Von Portugal über Frankreich und England in die Benelux-Länder. Halb Europa habe ich schon auf den Schienen bereist. In dieser zwölften Etappe geht es in die Hochburg des öffentlichen europäischen Verkehrs und gleichzeitig meiner Heimat: der Schweiz!
Zugfahren in der Schweiz: Erster Halt Zermatt
Unser schönes Land verfügt mit mehr als 200 Transportunternehmungen über ein riesiges Angebot an wunderschönen Strecken, die es sich zu erkunden lohnt. Wir beginnen zuzusagen vor unserer Haustür, und zwar mit dem legendären Glacier Express. Dieser fährt von Zermatt im Wallis bis nach St. Moritz im Bündnerland und ist fast acht Stunden unterwegs.
Deshalb reisen wir schon am Vortrag mit der MGBahn – Matterhorn Gotthard Bahn nach Zermatt. Für die Übernachtung haben wir das Hotel Schlosshotel gewählt. Es liegt in unmittelbarer Nähe vom Bahnhof und ist damit perfekt geeignet, das schöne Bergdorf und die alpine Umgebung zu erkunden. Das Hotel empfängt einem mit der typischen rustikalen Gemütlichkeit, wie sie nur Berghotels haben. Viel Holz und warme Farben, aber gleichzeitig ein moderner Touch. So gefällt es uns! Und weil wir in der absoluten Zwischensaison angereist sind, bekommen wir ein Upgrade in ein grosszügiges Zimmer mit Blick aufs Matterhorn. Das Wetter lässt leider etwas zu wünschen übrig und so versteckt sich „ds Horu“ hinter dicken Wolken. Uns bleibt leider keine Zeit für Ausflüge, aber so tragisch ist das nicht, kennen wir doch beide Zermatt sehr gut.
Drei meiner Lieblingsorte in Zermatt: Die besten Blicke aufs Matterhorn
Der Grünsee in Zermatt wird nicht aktiv vermarktet und auch wenn rundherum alles voll ist, so kennen diesen nur die wenigsten. Meine Lieblingsblicke vom Matterhorn gibt es aber von der Sunegga, welche mit der Zermatter Bergbahnen(Seilbahn) erreichbar ist oder dann den Blick aufs Matterhorn von der Riffelalp bei einem Bier in der “Alphitta”. Hier fährt man nur wenige Minuten mit der Gornergrat Bahn (Eisenbahn) – wobei sich da auch die nächsten Zwischenstationen lohnen wie die Spiegelung im Riffelsee oder dann oben auf dem Sir Mountain Gornergrat selber.
Zum Nachtessen entschliessen wir uns fürs Restaurant Pöschtli. Hier, bzw. in der im Keller gelegenen Broken Bar habe ich meine halbe Jugend verbracht. Aber das ist eine andere Geschichte. Heute geht es ein Stockwerk höher. Die Gaststätte nennt sich “The Factory” und ist auf italienische Gerichte spezialisiert. Im Restaurant steht ein altes Chalet, sozusagen ein Haus im Haus. So etwas sieht man nicht alle Tage! Wir genossen ein feines Frühlingsmenü mit Bärlauch und Spaghetti und waren sehr zufrieden mit diesem Abend.
Sonderzug Schweiz: Luxus im Glacier Express Zermatt – St. Moritz
Aber hier soll es ja um unsere Zugreise gehen. Und diese treten wir am nächsten Tag gut ausgeschlafen und nach einem reichhaltigen Frühstück im Hotel an. Der Zug steht schon bereit, als wir im Bahnhof eintreffen. Wir laufen an allen “normalen” Wagen vorbei, denn wir reisen weder mit der zweiten noch mit der ersten Klasse, sondern in der Excellence Class! Mit diesem Angebot will der Glacier Express die Fahrt mit der Bahn auf ein neues Niveau heben. Und das merken wir schon beim Einsteigen: Vor dem exklusiven Wagen ist der rote Teppich ausgerollt und man wird vom Concierge an einem kleinen Stehpult begrüsst. Nach Vorweisen des Tickets dürfen wir das noble Gefährt betreten. Im Panorama-Wagen erwartet einen bequeme Stühle mit viel Bein- und Armfreiheit. Denn hier ist jeder Sitz ein Fensterplatz, es gibt keine Viererabteile. Perfekt um die wunderschöne Landschaft zu geniessen, die uns während unserer langen Fahrt erwartet.
Der Glacier Express führt uns durch einige der schönsten Landschaften der Schweiz. Von Zermatt fahren wir durch enge Schluchten runter ins Rhonetal. Je näher wir ins Goms kommen desto offener wird das Tal wieder. Hier wechseln sich klassische Walliserdörfer ab mit Alpwiesen. Im Winter befindet sich hier ein Langlaufparadies mit unzähligen Pistenkilometer. Durch den Furkatunnel geht’s nach Andermatt, wo man sich kurz die schon etwas steifen Beine vertreten kann.
Anschliessend folgt ein weiteres Higlight: Der Oberalppass. Der Zug windet sich auf über 2000 MüM hoch und fährt durch eine hochalpine, unberührte Natur. Solange die Passstrasse geschlossen ist, gibt hier wirklich nur diese Bahn, sonst nichts. Noch weit in den Frühling liegt hier meterhoher Schnee und die Sonne lässt die Oberfläche glitzern. Man fühlt sich hier ganz weit weg von der Zivilisation.
Im schönen Graubünden wird das Klima gleich wieder wärmer und der Schnee weicht satten Wiesen und dichten Wälder. Atemberaubend ist die Fahrt durch die Rheinschlucht. Der noch junge Strom fliesst hier durch eine breite Schlucht mit steilen Feldwänden. Hier ist nichts korrigiert oder kanalisiert, das Wasser sucht sich seinen Weg, wie es es schon immer getan hat.
Bald folgt auch die Fahrt über das legendäre Landwasserviadukt. Was hat man dieses geniale Bauwerk nicht schon auf unzähligen Fotos gesehen! Hier mal “in echt” darüberzufahren ist wirklich ein Erlebnis. Unser aufmerksamer Concierge kündet das Highlight schon vorher an, damit wir unsere Kameras bereithalten können. Schon von weitem können wir das Viadukt sehen und erste Fotos schiessen. Ein paar Kurven später überqueren wir diese schon über 100-jährige Brücke, bevor der Zug im Tunnel verschwindet.
Weiter geht die Fahrt durch das Albulatal, einer wilden Gegend mit uralten, verknorten Bäumen. Auch hier sieht man pure Natur. Keine Strasse, keine Häuser, nur unser Zug und die Landschaft.
Damit wir angesichts der atemberaubenden Aussicht nicht verhungern, wird uns in der Excellence Class eine vorzügliches fünf-Gang-Menu serviert. Vergesst das langweilige Essen aus klassischen Speisewagen. Was hier aufgetischt wird, kann mit jedem Restaurant mithalten. Pro Gang wird zudem der passende Wein serviert. Für ein Apero oder einen Plausch mit den anderen Gästen lädt zudem die Bar im hinteren Teil des Wagens ein. Über der Bar ist in der Decke ein grosser Kompass eingelassen, der auch tatsächlich funktioniert!
Der schon mehrmals erwähnte Concierge ist übrigens nur für unseren Wagen zuständig und sorgt während der ganzen Fahrt für unser Wohl. Neben dem Servieren der Speisen und Getränke versorgt er uns auch laufend über interessante Informationen zur Strecke und den Sehenswürdigkeiten. Und das immer freundlich und nie aufdringlich.
Der ganze Spass hat leider auch seinen Preis. Zum einen braucht man ein Ticket der ersten Klasse für die ganze Strecke von Zermatt nach St. Moritz. Dazu kommt dann für die Excellence Class nochmals ein Zuschlag von stattlichen CHF 420. Lohnt es sich? Jein. Wer gerne Eisenbahn fährt, muss den Glacier Express mal gemacht werden. Die Landschaft kann man aber in den ebenfalls sehr komfortablen “normalen” Panorama-Wagen genauso gut geniessen und das Essen ist auf ähnlich hohem Niveau. Hier lest ihr die ganze Fahrt auch noch im Detail nach.
EurAsia by Train: Im Graubünden angekommen
Unsere Reise mit dem Glacier Express endet im Bündnerland, genauer in St. Moritz. Das Wetter ist inzwischen umgeschlagen und statt eitlem Sonnenschein dominiert jetzt Nebel und Nieselregen. Dazu kommt, dass in der Nebensaison sehr viele Hotels geschlossen haben. Deshalb fahren wir gleich weiter nach Samedan und buchen uns im Hotel Bernina 1865 ein. Im alten Grand-Hotel erhalten wir ein gemütliches Zimmer und im Hotel-eigenen Restaurant wird uns eine gute Pizza (mit Nuss :-)) serviert. Damit endet ein langer Tag mit vielen Eindrücken und guten Erinnerungen. Nur das Hotel vermag uns nicht ganz zu überzeugen.
Am nächsten Tag war das Wetter noch schlechter. Also haben wir Ausschau nach einem schönen Spa gehalten, was ebenfalls nicht ganz einfach war. Entweder war die Therme zu weit weg, oder eben auch geschlossen. Am Schluss haben wir entschieden, dem Aquamarin Erlebnisbad in Chur eine Chance zu geben. Mit dem Zug waren wir ruckzuck von Samaden zurück im Hauptort des Kantons, und mit dem Bus in wenigen Minuten bei besagtem Bad. Das Aquamarin ist im Kern ein öffentliches Bad, welches zusätzlich über ein warmes Aussenbad mit Massageliegen, Whirlpool und Nackenduschen verfügt. Nicht gerade die von uns erhoffte Wellnessoase, aber immerhin. Und bei schlechtem Wetter draussen im warmen Wasser zu planschen ist immer gut.
Baden bringt Hunger. Das ist ein Naturgesetz. Und so gings nach dem Aquamarin zurück in die Stadt Chur, und dort ins Restaurant Gansplatz. Als frühes Nachtessen hatten wir einheimische Capuns, was immer wieder fein ist. Und dann wurde geschaut, wo wir übernachten wollen. Wir hatten vor, nach Flims zu fahren. Dort aber ein Hotel zu finden, war nahezu unmöglich. Es hatte wirklich alles zu. Nach langem Suchen im Internet haben wir schliesslich ein Zimmer im Alpenhotel T3 gefunden.
Mit dem Postauto ging es somit weiter von Chur in die Berge. Das Wetter war immer noch garstig und es dunkelte langsam ein. Immerhin war die Bushaltestelle gleich vor dem Hotel. Also nichts wie rein in die warme Stube. An der Reception wurden wir freundlich begrüsst. Und sogleich stieg uns der Geruch von Raclette in die Nase: Im Restaurant dinierte eine geschlossene Gesellschaft mit eben diesem Gericht. Und obwohl wir schon ein Nachtessen hatten, lief uns das Wasser im Mund zusammen. So kam es, dass wir nach einem frühen Nachtessen noch zu einem späten Nachtessen gekommen sind. Nach etwas Überredungskunst und aufgrund der Tatsache, dass die meisten Gäste der Gruppe schon fertig mit essen waren, durften wir uns noch anschliessen. Dieses Raclette war der perfekte Abschluss eines sonst doch eher drüben und auch sonst durchzogenen Tages.
Am nächsten Tag ging’s mit dem Bus zurück nach Chur und von dort mit dem Zug wieder ins Wallis zurück. Es ist schliessliech eine Zugreise 😉. Dieses Mal aber mit der “grossen” Bahn via Zürich und Bern.
Der Glacier Express ist eine Strecke, die wir jedem ans Herz legen und uneingeschränkt empfehlen können. Ein toller Zug, wunderschöne Landschaften und vorzügliches Essen, was will man mehr. Ansonsten hat sich das Graubünden vom Wetter her eher von seiner tristen Seite präsentiert. Dass wir in der Nebensaison dort waren, hat die Sache auch nicht besser gemacht. Dafür gefällt uns die Fahrt in der RhB umso besser. Die Strecken sind wirklich wunderschön und man kommt fast nicht zu lesen, weil man nahezu die ganze Zeit aus dem Fenster starrt..
Wir werden wieder kommen, denn hier gibt es noch viel schöne Flecken zu entdecken!